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Mittwoch, 25.02.2004
 
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Branchen-Guru Michael Slater: RISC-CPUs von Motorola und Sun - 860 und Alpha dümpeln
COMPUTERWOCHE Nr. 31 vom 31.07.1992

MÜNCHEN (CW) - Das Urteil kommt aus berufenem Munde, und es verheißt nichts Gutes für zwei kapitale Konkurrenten der DV-Branche: Alpha-und 860-RISC-Bausteine gewärtigen ein Dasein auf Nebenschauplätzen, die Sparc-CPUs der Sun-Gemeinde und Motorolas 88000-Familie hingegen heimsen beim Kürlauf der RISC-Architekturen höchste Benotungen ein. Als Schiedsrichter gerierte sich kürzlich Michael Slater, Industrieguru und Herausgeber des US-Journals "Microprocessor Report" in Personalunion, als er in einem Vortrag in London seine Einsichten zu den am Markt verfügbaren RISC-Prozessoren zum besten gab. Zu den Architekturen, bei denen der Zensor mit dem Daumen nach unten zeigt, gehört die Intel 860-RISC-CPU. "Gute Implementation, aber schlecht durchdachte Architektur", mäkelt Slater, dem besonders die Probleme der Programmierbarkeit des Prozessors ins Auge fielen - ein Argument, das auch schon von anderen Insidern angeführt wurde. Microsoft etwa graute so dermaßen vor der Aussicht, "nur noch Assembler-Code" stricken zu müssen, daß man die Pläne, Windows NT auf dem 860-Prozessor ablauffähig zu machen, aufgegeben hat. Slater argwöhnt denn auch, bei Intel habe man bei der 860-Entwicklung wohl nicht allzu viele Gedanken an den Compiler und Betriebssystem-Umgebungen verschwendet. Er bezweifelt auch, daß die Andy-Grove-Company noch mit dem rechten 860-Engagement bei der Sache ist: Immerhin setze Intel Ingenieure der 860-Abteilung auf die X86-Prozessor-Entwicklung um. Bei DECs Alpha-Baustein hält sich Slaters Begeisterung ebenfalls in Grenzen. In dem verzweifelten Bemühen, VAX-Anwender einen Migrationspfad nach Unix offerieren zu können, habe DEC eine RISC-Architektur aus dem Boden gestampft, bei der sie einige Kompromisse machen mußte: So nehmen auf der CPU Clock-Buffer nicht nur gleich ein Drittel der Chipfläche ein, sie sind auch für etwa 50 Prozent der extrem hohen Wärmeabgabe des Alpha-Prozessors verantwortlich, der eine in der Branche vielkritisierte Leistungsaufnahme von 30 Watt besitzt. Alpha-CPU kam zu spät auf den Markt Zudem weist der DEC-RISC-Chip bei ähnlicher Packungsdichte wie der Viking-Sparc-Prozessor von Texas Instruments im Gegensatz zu diesem (36 KB) nur einen Cache von 16 KB auf. Andere Probleme ergäben sich für DEC aus der Tatsache, daß immer noch kein Lizenznehmer für die Produktion des Alpha-Chips gefunden sei. Slater führt das auf die Zweifel der Halbleiterproduzenten zurück, daß sich Alpha am Markt durchsetzen wird. Auch habe sich - trotz Cray, Kubota und Olivetti - noch keiner der marktbestimmenden Systemhersteller zu Alpha bekannt Letztendlich scheint Slater offensichtlich ein Vertreter der Gorbatschow-Doktrin zu sein, wonach jeder, der zu spät kommt, vom Leben gestraft wird: DECs Alpha-CPU kam seiner Ansicht nach zu spät auf den Markt, um sich noch durchsetzen zu können. Motorolas 88000-RISC-Familie hingegen attestiert der Prozessor-Fachmann, zu Unrecht ein Mauerblümchen-Image zu besitzen. Besonders der noch nicht verfügbare 88110-Chip hat es Slater angetan. Er stuft ihn als möglicherweise beste aller momentan am Markt verfügbaren CPUs ein. Die 88 000-Prozessoren seien die höchstintegrierten aller frühen RISC-Implementationen gewesen, die zudem keine wesentlichen technologischen Mängel gewärtigen mußten. Hoher Grad an Integration, eine gute Single-Precision-Rechenleistung sowie Multiprozessor-Unterstützung zählt Slater zu den Aktiva der 88000-Produkte. Negativ wertet er die Kostenintensität, die für große Caches bei 88100/200-Implementationen getätigt werden müßten sowie die relativ schwachen Floating-Point-Ergebnisse im Double-Precision-Modus. Es sei bedauerlich, daß sich dieser Prozessor "mangels Kundenbasis" wohl nicht durchsetzen werde. In diesem Punkt widersprach allerdings ein Brancheninsider: Vor allem in embedded Anwendungen sei Motorolas 88000-RISC-Linie stark vertreten und sehr wohl ein Begriff. Slater führt die mangelnde Marktpräsenz der Motorola Chips in erster Linie auf Managementfehler im Hause des US-Herstellers aus Schaumburg, IIlinois, zurück. Es habe die nötige Vorausschau auf zukünftige Marktgegebenheiten gefehlt, um mit dem gegebenen Engagement die RISC-Linie auf Erfolgskurs zu bringen. Eine zu langsame Produktentwicklung, gepaart mit internen Konflikten über das 68000-Programm habe letztendlich zu einer schwachen Stellung beider Produktlinien geführt. Auch Hewlett Packards Precision-Architektur kommt bei Slater gut weg: Sie sei die Basis der momentan schnellsten Workstations am Markt und verfüge über einen sehr großen Primärcachespeicher. Als hinderlich empfindet Slater allerdings, daß für die Snake-Prozessoren nur ein Hersteller die Chip-Verfügbarkeit sicherstelle. Wenig erfreulich seien zudem die hohen Kosten momentaner Implementationen. Auch mäkelte der Fachmann am Systemdesign herum, das hohe Taktraten für den Primärcache nur bedingt zulasse. Der Sparc-Chip spiele in puncto Anzahl verfügbarer Software seine Stärken aus, auch die Anzahl diverser Sparc-Lizenznehmer und Produzenten schlage positiv zu Buche. Während Suns RISC-Wettbewerber Windows NT möglicherweise nicht unterstützen werde, könne Mips mit eben diesem Argument glänzen. Die Silicon-Graphics-Tochter habe darüber hinaus ebenfalls eine große Software-Basis. ACE schadet dem Renommee von Mips Doch Suns Präsenz am Markt werde - O-Ton Slater - wohl verhindern, daß Mips jemals die Nummer eins der Workstation-Branche werde. Das traurige Kapitel ACE habe auch nicht unbedingt zum guten Renommee von Mips beigetragen, letztlich stehe auch kein größerer Desktop-Hersteller parat, der sich zu Mips bekenne. Bleibt IBMs Power-CPU und Power-PC: Auf der Habenseite sei zu verbuchen, daß mit Motorola, Apple und Big Blue drei Schwergewichte hinter der zudem sehr fließkommapotenten Architektur stünden. Jedoch sei abzuwarten, ob das Trio in Zukunft eine Multichip-Implementation realisieren könne, die sich auch leistungsmäßig als Speerspitze erweise.

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